Pass.Worte.

Interviews mit den Jugendlichen

Interview mit Asef

Stelle dich doch kurz einmal den Lesern oder Leserinnen vor!

Ich heiße Asef und werde bald 20 Jahre alt. Ich bin seit dreieinhalb Jahren in Deutschland und komme aber aus Afghanistan. Jetzt gerade mache ich eine Ausbildung als Krankenpfleger. Meine Hobbys sind Theater spielen und anschauen, Fußball spielen, Tanzen und Ringen. Früher war ich in einem Verein für Ringen aber jetzt schau ich es mir nur noch im Fernsehen an.

Wie bist du damals zu Pass.Worte. gekommen?

Ich habe zuerst bei Revolutionskinder mitgemacht und dann habt ihr mir das vorgeschlagen, bei Pass.Worte. teilzunehmen.

Warum hast du mitgemacht und machst immer noch mit?

Mir hat das Spaß gemacht, deswegen habe ich gerne mitgemacht und mache auch immer noch mit. Im Moment habe ich durch die Ausbildung nicht mehr viel Zeit. Aber wenn ich Zeit habe, dann spiele ich immer sehr gerne.

Was hat sich in den letzten zweieinhalb Jahren Pass.Worte. verändert?

Früher haben wir jede Woche gespielt, oft sogar mehrmals die Woche. Heute spielen wir vielleicht noch 1-2 Mal im Monat. Das ist schon eine krasse Veränderung. Ansonsten, beim Text denke ich nichts. Ach doch, früher haben wir noch ein paar James Bond Zitate gesagt, die sagen wir jetzt nicht mehr. Außerdem mussten wir den Text auch aktualisieren weil sich Dinge verändert haben. Belal z.B. ist durch Ungarn gelaufen, dass geht heute nicht mehr wegen dem Zaun. Solche Dinge kommen natürlich immer wieder vor. Aber ansonsten hat sich nichts verändert.
Für mich persönlich war es am Anfang natürlich schwieriger. Da kannte ich den Text noch nicht so gut und musste immer sehr achtsam sein. Heute kenne ich den ganzen Text und kann freier auf der Bühne sein.

Welche Gemeinsamkeiten gibt es zwischen dir und Belal?

Belal hat so eine Flucht wie ich. Fast alle haben so eine Flucht. Wenn ich Belals Geschichte lese, dann erinnere ich mich auch an meine Flucht. In einem fremden Land, alleine und ohne die Familie zu sein, das ist eine Gemeinsamkeit. Die Sprache nicht sprechen, niemanden kennen. Außerdem teilen Belal und ich eine Heimat, wir kommen beide aus Afghanistan. Wir sprechen auch dieselbe Sprache und ich kenne Belal sogar.

Denkst du während du spielst an deine eigene Flucht?

Ja, das ist klar. Wenn ich Belals Geschichte für das Publikum erzähle, dann erinnere ich mich schon an meine eigene Flucht. Nur Belal ist durch Bulgarien und Ungarn gekommen. Ich bin mit dem Schiff gekommen. Also Belal ist trocken nach Deutschland gekommen und ich ein bisschen nass.
Am Anfang war es auch schwierig immer wieder daran erinnert zu werden. Ich wollte das eigentlich hinter mir lassen und nicht mehr darüber nachdenken. Am Anfang, als ich nach Deutschland kam, da konnte ich nicht so gut schlafen. Da musste ich sehr viel nachdenken. Wenn man immer wieder erzählt, wird es irgendwie einfacher. Dann gehört es dazu. Man kann sich an vieles gewöhnen.

Worin siehst du deine Aufgabe, wenn du Pass.Worte. spielst?

Meine Aufgabe ist, Menschen zu erzählen warum Menschen aus ihrer Heimat fliehen müssen. Mittlerweile haben wir an echt vielen Schulen gespielt. Ich glaube es haben über 5000 Schüler und Schülerinnen Pass.Worte. gesehen. Vielleicht haben es nicht alle verstanden, aber die meisten wissen jetzt, warum Menschen fliehen müssen. Das ist doch gut, oder?

Die Zuschauer können am Ende Fragen stellen. Was waren die Fragen, die dir bis heute in Erinnerung geblieben sind?

Warum bist du nach Deutschland gekommen? Was machst du gerade hier?
Diese zwei Fragen werden oft gefragt. Daraus gebe ich natürlich dann eine Antwort. Die Antwort hat sich aber mit der Zeit natürlich verändert. Also nicht der Grund warum ich nach Deutschland gekommen bin, aber was ich hier mache. Am Anfang war ich auf der Schule und jetzt bin ich in der Ausbildung.
Am Anfang war es für mich nicht so einfach, die Fragen der Zuschauer zu beantworten. Die Zuschauer wollen ja immer etwas über uns erfahren und da muss man dann über Dinge sprechen, die man eigentlich am liebsten vergessen würde. Aber mit der Zeit ist es besser geworden. Wenn man etwas 100 Mal erzählt, dann ist es irgendwann nicht mehr so schlimm. Es hilft über Dinge zu sprechen, auch wenn man das Gegenüber gar nicht persönlich kennt.

Gibt es eine besondere Erinnerung die du mit Pass.Worte. verbindest?

Als wir im Ramadan geprobt haben für Pass.Worte., ganz am Anfang im Sommer 2015. Das war richtig heiß, draußen waren bestimmt 40 Grad und dann in dem Container stundenlang proben. Am Anfang gab es ja auch noch keine Klimaanlage. Das war so heiß. Damals waren es ja nur Ehsan und ich. Obwohl wir in der Zeit tagsüber nicht getrunken haben, haben uns die Proben trotzdem Spaß gemacht. Andere Dinge habe ich bei dem Wetter nicht gemacht, wenn meine Freunde geschrieben haben, ob ich mit Fußball spielen gehe oder so, da habe ich immer Nein gesagt. Aber Theater spielen wollte ich immer, das hat mir trotz der krassen Hitze Spaß gemacht. Ich weiß aber auch nicht so genau warum.

Vor wem würdest du gerne einmal Pass.Worte. spielen?

Ich möchte gerne vor unserem Innenminister Thomas Demiziere spielen. Vielleicht kann er dann verstehen warum Menschen aus Afghanistan fliehen.

Gibt es noch irgendwas, was du gerne den Menschen die das lesen sagen würdest?

Also, wichtig ist mir, dass ich erst einmal sehr dankbar bin für das ganze Team bei Lokstoff! und die Zuschauer die uns zugehört haben. Das hat mir Kraft gegeben in Deutschland anzukommen. Außerdem möchte ich mich auch bei allen bedanken, die es mir ermöglichen, meine Ausbildung hier zu machen. Also danke an alle Menschen in Deutschland.


Interview mit Hassan

Stelle dich doch kurz einmal den Lesern oder Leserinnen vor!

Ich heiße Hassan und komme aus Afghanistan. Ich mache gerade eine Ausbildung in Deutschland als Elektroniker für Geräte und Systeme. Meine Hobbys sind Fußball spielen mit Freunden aber nicht in einem Verein. Aber ich bin einem Verein für Ringen.

Wie bist du damals zu Pass.Worte. gekommen?

Ich bin über Asef und Ehsan zu Pass.Worte. gekommen. Die beiden waren ja die Ersten die dabei waren und die haben mich dann gefragt. Dann habe ich das Team kennengelernt und dann habe ich angefangen.

Warum hast du mitgemacht und machst immer noch mit?

Ich fand Pass.Worte. interessant. Da wird eine Geschichte erzählt, die viele Fragen von Menschen beantwortet. Z.B. woher kommen Flüchtlinge? Wie kommen die hierher? Warum kommen die überhaupt? Das wissen nicht alle. Ich habe auch gut gefunden, dass über dieses Stück Menschen informiert werden und ein allgemeines Wissen über Flucht bekommen. Das Menschen erfahren, dass eine Flucht nichts Einfaches ist. Deswegen spiele ich auch immer noch mit.

Was hat sich in den letzten zweieinhalb Jahren Pass.Worte. verändert?

Pass.Worte. hat in den letzten zweieinhalb Jahren viel verändert. Wir haben oft gespielt. Wir haben in der Nähe von Hamburg, in Papenburg, gespielt. Wir haben in ganz Baden-Württemberg, besonders in der Umgebung von Stuttgart, gespielt. Wir waren an vielen Schulen. Wir haben viele Schüler und Schülerinnen informieren können, so dass sie hoffentlich jetzt wissen was Flucht bedeutet.

Welche Gemeinsamkeiten gibt es zwischen dir und Belal?

Die Gemeinsamkeiten sind, dass vieles was Belal auf seiner Flucht erlebt hat, ich auch erlebt habe. Also ich habe nicht alles genau so erlebt, aber vieles davon. Ich war über vier Monate unterwegs. Als ich unterwegs war, war ich z.B. auch im Gefängnis. Deswegen weiß ich, was es bedeutet im Gefängnis zu sein und kann es deswegen den Zuschauern hoffentlich auch gut vermitteln.

Denkst du während du spielst an deine eigene Flucht?

Ja, klar. Natürlich denke ich, wenn ich die Geschichte erzähle auch an meine eigene Flucht. Am Anfang hatte ich immer alles vor meinen Augen. Aber ich war vor allen Dingen dann immer so froh, dass ich es hinter mir hatte. Dass ich die Flucht geschafft habe und endlich hier bin in Sicherheit. Dass ich endlich in Ruhe weitermachen kann. Wenn ich jetzt spiele, denke ich immer noch an meine Flucht. Aber nicht mehr so wie früher. Ich habe die Flucht nicht vergessen, aber ich sehe sie nicht mehr so genau wie am Anfang vor meinen Augen. Am Anfang habe ich mich vor allen Dingen hier sicher gefühlt, das hat sich in der letzten Zeit sehr verändert. Jetzt fühle ich mich hier nicht mehr sicher, jetzt habe ich vor allem Angst.

Worin siehst du deine Aufgabe, wenn du Pass.Worte. spielst?

Wenn ich Pass.Worte. spiele, will ich dem Publikum die Informationen so gut wie es irgendwie geht weitergeben. Damit sie verstehen, dass das was Belal erzählt, die Wahrheit ist. Dass das die Realität von Flucht ist. Ich spiele so, dass die Menschen die Flucht nicht selbst erlebt haben, sich vorstellen können was eine Flucht eigentlich ist.

Die Zuschauer können am Ende Fragen stellen. Was waren die Fragen, die dir bis heute in Erinnerung geblieben sind?

Die Zuschauer fragen oft: Was machst du gerade? Hast du schon die Anerkennung in Deutschland? Was möchtest du in Zukunft machen? Wo ist deine Familie? Manchmal verstehen sie auch nicht, dass ich nicht Belal bin. Dann fragen sie, ob ich meinen Bruder gefunden habe oder wie es meiner Schwester geht. Dann erkläre ich immer, dass ich eine andere Geschichte habe.

Gibt es eine besondere Erinnerung die du mit Pass.Worte. verbindest?

Wir waren eine Woche mit dem gesamten Team in Papenburg, das war schön. Das war Urlaub und Pass.Worte. spielen zur gleichen Zeit. Das war etwas Besonderes.

Vor wem würdest du gerne einmal Pass.Worte. spielen?

Ich würde gerne für alle Menschen spielen, die Flüchtlinge hassen. Weil die haben keine Ahnung von Flüchtlingen. Ich behaupte, dass die bis jetzt gar keinen Kontakt hatten mit Flüchtlingen. Sie wollen das ja auch gar nicht unbedingt. Aber ich würde ihnen gerne erzählen, was Flucht bedeutet und wie viele Chancen man überhaupt hat hier in Deutschland anzukommen.

Gibt es noch irgendwas, was du gerne den Menschen die das lesen sagen würdest?

Mensch ist Mensch. Es ist egal woher man kommt, welche Hautfarbe man hat oder wie man aussieht. Menschlichkeit ist wichtiger als Religion oder Nationalität.


Interview mit Mahdi

Stelle dich doch kurz einmal den Lesern oder Leserinnen vor!

Ich heiße Mahdi und komme aus Afghanistan. Ich bin 18 Jahre alt, gehe zur Schule und mache jetzt meine Fachhochschulreife. Meine Hobbys sind Fußball und Fitness.

Wie bist du damals zu Pass.Worte. gekommen?

Als ich am Anfang in einem Flüchtlingswohnheim gewohnt habe, habe ich Ehsan kennengelernt. Zu der Zeit habt ihr aber noch nicht mit Pass.Worte. angefangen gehabt, aber ihr habt es gerade geplant. Ehsan hat mich dann gefragt, ob ich Lust habe so etwas zu machen. Dann bin ich mal mit zu euch ins Büro, wir haben es ausprobiert und dann haben wir geprobt und ich habe mitgemacht.

Warum hast du mitgemacht und machst immer noch mit?

Weil es mir einfach Spaß macht. Außerdem hat es mir viel beim Deutsch lernen geholfen und beim reden mit Anderen. Außerdem habe ich gelernt, vor Menschen zu reden. Und ja, ich mache heute immer noch mit, auch wenn wir zur Zeit nicht mehr so viele Vorstellungen haben wie am Anfang. Aber in der Schule kann man jetzt einfach nicht mehr so viel fehlen.

Was hat sich in den letzten zweieinhalb Jahren Pass.Worte. verändert?

Pass.Worte. hat sich schon verändert, am Anfang hatten wir mehr Vorstellungen und jetzt weniger. Bei mir sieht man aber auch Veränderungen. Wenn ich heute in der Schule eine Präsentation habe, dann kann ich das einfach machen. Ich habe keine Angst davor. Wenn ich nicht bei Pass.Worte. mitgemacht hätte, wäre das vielleicht schwieriger für mich.

Welche Gemeinsamkeiten gibt es zwischen dir und Belal?

Eine Gemeinsamkeit ist z.B. das ich auch im Gefängnis war auf meiner Flucht. Die Situation war allerdings nicht ganz so schlimm wie bei Belal. Aber ich habe nicht die gleiche Route gehabt wie Belal. Außerdem ist Belal jetzt in Deutschland und ich auch.

Denkst du während du spielst an deine eigene Flucht?

Manchmal denke ich daran, ja, aber nicht immer. Ich denke eigentlich immer, dass ich Belal bin. Dass ich im Gefängnis bin, dass ich nicht reden darf, dass ich nicht lachen darf. Aber manchmal denke ich auch daran was ich erlebt habe, dann denke ich nicht an Belal.

Worin siehst du deine Aufgabe, wenn du Pass.Worte. spielst?

Meine Aufgabe ist meine Geschichte zu erzählen. Ich bin Belal, ich muss meine Geschichte erzählen. Das ist so wie bei der Anhörung. Ich erzähle meine Geschichte und muss mein Gegenüber davon überzeugen. Es muss bei Pass.Worte. so wirken, als ob wir Belal wären. Die Zuschauer sollen nicht das Gefühl haben, dass wir eine Rolle spielen. Wenn ich es gut gemacht habe, fragen sie nach der Vorstellung ob ich meinen Bruder gefunden habe oder wie es meiner Schwester in Afghanistan geht. Dann muss ich immer etwas lachen und sagen, dass ich nicht Belal bin, sondern Mahdi. Ich glaube aber, dass es wichtig ist, dass das Publikum für die Zeit der Vorstellung denkt, dass wir Belal sind. Das ist spannender und die Zuschauer können besser die Geschichte verstehen.
Ich glaube, wir können Belal gut verkörpern, weil wir ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Andere Menschen waren vielleicht auch in den Ländern in denen wir waren, aber um Urlaub zu machen. Aber, wir sind da nicht hingegangen und haben in Hotels übernachtet und am Strand Sonne getankt. Ich glaube, man muss diese Erfahrungen die Belal gemacht hat auf eine Art und Weise auch selbst gemacht haben, um es wirklich real erscheinen zu lassen.

Die Zuschauer können am Ende Fragen stellen. Was waren die Fragen, die dir bis heute in Erinnerung geblieben sind?

Die Zuschauer haben so viele Fragen gestellt. Häufige Fragen sind z.B.: Hast du Kontakt mit deiner Familie? Wie lange hat deine Flucht gedauert? Hast du schon in Afghanistan deutsch gelernt? Willst du hier bleiben oder willst du zurück gehen?
Ich habe da auch mal eine komische Antwort darauf gegeben. Ich habe mal gesagt, nein, ich bin hier nur zum Urlaub und gehe bald wieder nach Afghanistan. Zum Glück haben die Zuschauer verstanden, dass das ein Witz war und sie haben gelacht.
Für mich ist die Frage aber auch immer noch ein bisschen komisch, also ob ich zurück nach Afghanistan gehen will. Ich erzähle ja was für Probleme wir in Afghanistan haben. Die Vorstellung, dass in einem Jahr alles wieder gut ist und ich zurück kann ist für mich einfach nicht realistisch. Deswegen versuche ich mich hier so gut ich kann zu integrieren. Ich hab manchmal das Gefühl, dass Menschen denken, dass wir es hier nicht gut finden. Aber das stimmt nicht. Für mich ist es hier gut.

Gibt es eine besondere Erinnerung die du mit Pass.Worte. verbindest?

Unser Ausflug nach Papenburg ist eine gute Erinnerung. Da haben wir nicht nur Theater gespielt, sondern auch bei einem Fußballturnier mitgemacht. Das war toll.
Davor haben wir nur in und um Stuttgart gespielt. Dass war das erste Mal dass wir in einem anderen Bundesland gespielt haben.

Vor wem würdest du gerne einmal Pass.Worte. spielen?

Vor meiner neuen Klasse würde ich gerne spielen. Allgemein in meiner Schule würde ich gerne spielen.

Gibt es noch irgendwas, was du gerne den Menschen die das lesen sagen würdest?

Ich bin mit allem zufrieden hier in Deutschland. Nur mit der Situation der Afghanen bin ich nicht zufrieden. Ich hatte Glück, aber andere haben keine Chance. Vor allen Dingen trifft es immer die Falschen. Jugendliche, die wirklich richtig fleißig sind, bekommen keine Aufenthaltsgenehmigung. Wenn es die nicht bekommen, die eine Ausbildung machen und sich in der Gesellschaft integrieren, wer bekommt es dann?

Interview mit Ehsan

Stelle dich doch kurz einmal den Lesern oder Leserinnen vor!

Ich heiße Ehsan und komme aus Afghanistan. Jetzt lebe ich in Deutschland und mache eine Ausbildung als Manager für Bürokommunikation. Meine Hobbys sind Fußball spielen, Freunde treffen und Theater spielen.

Wie bist du damals zu Pass.Worte. gekommen?

Vor etwa drei Jahren war ich Schüler im kulturellen Sprachkurs von Lokstoff! und dann irgendwann wurde ich gefragt ob ich Lust hätte, bei Revolutionskinder mitzuspielen. Anfang 2015 wurde ich dann gefragt, ob ich mir vorstellen könnte bei Pass.Worte. mitzumachen und im Frühling haben wir dann angefangen zu proben.

Warum hast du mitgemacht und machst immer noch mit?

Am Anfang hab ich einfach so mitgemacht, wenn ich ehrlich bin. Ich wollte einfach etwas zu tun haben. Nach einiger Zeit habe ich mich aber schon auch selber gefragt, warum mache ich das eigentlich. Was ergibt das für einen Sinn? Aber dann habe ich mir überlegt, dass die Schüler, Lehrer und das andere Publikum von unserem Leben erfahren wenn wir Pass.Worte. spielen. Sie erfahren was wir hinter uns haben, was unsere Geschichte ist, was wir für Schwierigkeiten haben und warum wir hier sind. Deswegen mache ich mit.

Was hat sich in den letzten 2,5 Jahren Pass.Worte. verändert?

Am Anfang hatte ich Angst. Ich habe davor noch nie so Theater vor Publikum gespielt. Jetzt ist es besser geworden, ich bin nicht mehr so nervös. Vielleicht in den ersten 5 Minuten einer Vorstellung, aber dann nicht mehr so sehr. Aber ich gehe auch heute immer noch jedes Mal zu Pass.Worte., damit das Publikum erfährt warum wir hier sind und uns danach vielleicht besser versteht. Deswegen bin ich auch heute immer noch nervös, weil ich weiß was ich für eine Aufgabe habe.

Welche Gemeinsamkeiten gibt es zwischen dir und Belal?

Unsere Geschichten sind ein bisschen ähnlich, also mit der Familie und der Flucht. Also z.B. war ich fast sechs Monate auf der Flucht und da habe ich meinen Freund verloren. Der hat die Flucht nicht überlebt. Das ist bis heute sehr schwer für mich zu ertragen.

Denkst du während du spielst an deine eigene Flucht?

Wenn ich spiele, bekomme ich immer dieses Gefühl. Ich erinnere mich an die Flucht und an das, was ich hinter mir habe. Ich denke dann an meine Familie. Es ist immer noch so wenn ich spiele, da hat sich auch nicht so viel in den letzten Jahren geändert.

Worin siehst du deine Aufgabe, wenn du Pass.Worte. spielst?

Pass.Worte. ist für mich nicht nur ein Theaterstück. Das ist mehr, viel mehr, für mich. In diesem Container bekommt das Publikum von unserem Leben mit. Unsere Geschichte, warum sind wir geflohen, warum sind wir hier.
Ich gebe den Menschen hier auch ein bisschen Recht, ich verstehe ihre Angst. Aber gerade diese Menschen müssen wissen, dass nicht alle so sind. Das sogar sehr viele nicht so sind. In diesem Stück erzählen wir über uns und über unser Leben. Wir können zeigen, dass wir nicht alle Terroristen sind, nur weil wir Moslems sind.

Die Zuschauer können am Ende Fragen stellen. Was waren die Fragen, die dir bis heute in Erinnerung geblieben sind?

Das Publikum stellt sehr allgemeine Fragen. Was machst du in Deutschland? Wie lange bist du schon da? Was sind deine Hobbys? Wo ist deine Familie? Solche Fragen werden meistens gestellt. Ich glaube, die Zuschauer haben nach dem sie die Geschichte von Belal gehört haben das Bedürfnis, auch mehr über uns zu erfahren. Man merkt während dem Stück glaube ich, dass man die individuelle Geschichte von Menschen nicht sieht. Die Zuschauer bekommen ein Interesse für uns oder ein Gefühl, ich weiß nicht wie man das beschreiben soll. Aber das Publikum sind ja auch Menschen, die haben auch Gefühle. Nach dem Stück wissen die Zuschauer mehr über mich. Danach kennen wir uns ein bisschen, oder besser gesagt, das Publikum kennt mich ein bisschen. Sie haben dann keine Angst mehr vor mir.

Gibt es eine besondere Erinnerung die du mit Pass.Worte. verbindest?

Ja, Papenburg. Wir haben da eine Woche gespielt. Das war nicht nur Theater spielen, das war auch ein gemeinsamer Ausflug. Das hat Spaß gemacht. Wir haben Fußball gespielt, Schiffe und eine Werft besichtigt. Die Menschen dort waren alle sehr nett. Das sind wirklich gute Erinnerungen.

Vor wem würdest du gerne einmal Pass.Worte. spielen?

Vor allen Leuten, die Entscheidungen über uns Geflüchtete treffen. So einfach ist das.

Gibt es noch irgendwas, was du gerne den Menschen die das lesen sagen würdest?

Für mich sind alle Menschen gleich. Egal welche Nationalität sie haben. Ich denke, die Grenzen wurden nur wegen der Macht gemacht. Ohne Grenzen sind wir alle einfach nur noch Menschen.


Interview mit Khanzada

Stelle dich doch kurz einmal den Lesern oder Leserinnen vor!

Ich bin Khanzada und 19 Jahre alt. Ich komme aus Afghanistan und bin seit drei Jahren hier in Deutschland. Meine Hobbys sind Theater und Fußball spielen.

Wie bist du damals zu Pass.Worte. gekommen?

Mein Freund Ehsan hat damals Pass.Worte gespielt. Er hat mir damals erzählt, dass neue Jugendliche gesucht werden, weil Pass.Worte. so oft gespielt werden soll. Ich wollte sofort mitmachen. Ich dachte, dass es mir vielleicht dabei helfen kann, mit anderen Leuten in Kontakt zu kommen und die deutsche Sprache besser zu lernen. Dann bin ich im März 2016 einfach mit Ehsan mitgegangen und habe euch kennengelernt.

Warum hast du mitgemacht und machst immer noch mit?

Weil es mir Spaß gemacht hat und weil es mir immer noch Spaß macht.

Was hat sich in den letzten 2,5 Jahren Pass.Worte. verändert?

Es hat sich nicht so viel verändert. Am Anfang haben wir sehr viel öfter gespielt als wir es heute tun. Das liegt leider an uns, also an den Jugendlichen. Als wir angefangen haben, da waren wir alle noch in Deutschkursen. Auch wenn wir da natürlich auch nicht fehlen sollten, haben die Lehrer uns entschuldigt, da wir ja durch das Theater besser Deutsch gelernt haben. Heute machen wir alle eine Ausbildung, da ist das mit dem Fehlen eine andere Sache.

Welche Gemeinsamkeiten gibt es zwischen dir und Belal?

Dieser Teil im Text, wo Belal mit seinem Vater auf dem Feld ist und der Vater sagt „Schau in den Westen Belal“ und „du hörst eine Gefahr viel früher als du sie kommen siehst“. Ich weiß nicht genau warum. Mein Vater hat das nicht zu mir gesagt, aber irgendwas daran erinnert mich an Zuhause.
Und natürlich die normalen Erlebnisse, die jeder auf der Flucht erlebt. Ich war auch im Gefängnis, ich wurde auch geschlagen, so wie die meisten anderen auch.

Denkst du während du spielst an deine eigene Flucht?

Am Anfang habe ich wirklich viel an meine eigene Flucht gedacht. Jedes mal wenn ich gespielt habe. Jetzt denke ich nicht mehr daran. Aber das hat sich auch in meinem Alltag verändert. Früher musste ich auch in der Schule oder beim Fußball ständig an die Flucht denken, heute ist das zum Glück nicht mehr so. Ich hab das mittlerweile so oft bei Pass.Worte. erzählt, dass es irgendwie normal geworden ist.

Worin siehst du deine Aufgabe, wenn du Pass.Worte. spielst?

Meine Aufgabe ist, dass ich nicht lache während ich spiele. Ich muss ernsthaft sein. Ich muss bei den Worten die ich alleine sage aufpassen, dass ich das Richtige sage. Wenn die Zuschauer mir am Ende Fragen stellen, sollte ich die Fragen beantworten. Das sind meine Aufgaben, würde ich sagen.

Die Zuschauer können am Ende Fragen stellen. Was waren die Fragen, die dir bis heute in Erinnerung geblieben sind?

Es gab eine komische Frage. Ich wurde gefragt, ob wir in Afghanistan Fernseher haben. Das habe ich nicht verstanden. Die Leute haben keine Ahnung von Afghanistan. Das hat mich in dem Moment sehr schockiert. Weil ich mich in dem Moment wirklich gefragt habe, was die Menschen wohl von uns denken. Wir kommen nicht aus der Steinzeit sondern aus einem Land in dem Krieg ist. Das war für mich keine leichte Frage, um sie zu beantworten. Ansonsten fragen sie was ich hier mache, was mein Traumberuf ist, ob ich in Deutschland bleiben will oder zurück nach Afghanistan gehen will, wie viel meine Flucht gekostet hat, usw. Solche fragen finde ich gut. Da kann ich ehrlich antworten und die Menschen verstehen ein bisschen mehr. Sie sind oft überrascht, wenn ich sage, dass ich natürlich wieder zurück nach Afghanistan will, sobald es dort wieder ruhiger ist oder wenn ich erzähle, wie viel meine Flucht gekostet hat.

Gibt es eine besondere Erinnerung die du mit Pass.Worte. verbindest?

Belal erzählt, dass er bei seinem Abschied von seiner Schwester in den Arm genommen wurde und das Gefühl hatte, nie wieder auf eigenen Beinen stehen zu können. So eine Erinnerung habe ich auch. Meine Schwestern, meine Mutter, alle haben mich in den Arm genommen bevor ich los bin, daran muss ich immer denken.

Vor wem würdest du gerne einmal Pass.Worte. spielen?

Ich würde gern vor Aschraf Ghani, dem afghanischen Präsidenten, und Frau Merkel spielen. Damit beide wissen wie wir hierher gekommen sind. Was wir auf unserer Flucht erlebt haben. Wie schwer das ist.

Gibt es noch irgendetwas, das du gerne den Menschen, die das lesen sagen würdest?

Die Menschen müssen einen Überblick über die Welt bekommen. Wir sollten lernen, miteinander besser umzugehen. Egal ob wir aus Afghanistan, Deutschland oder Somalia kommen. Mensch ist doch Mensch, oder?


Interview mit Qais

Stelle dich doch kurz einmal den Lesern oder Leserinnen vor!

Ich bin Qais und 18 Jahre alt. Ich komme aus Afghanistan und bin seit zwei Jahren in Deutschland. Zuerst habe ich hier für sechs Monate einen Deutschkurs gemacht, dann habe ich meinen Hauptschulabschluss gemacht und jetzt gerade mache ich meinen Bundesfreiwilligendienst bei der Türkischen Gemeinde Baden Württemberg. Meine Hobbys sind Fußball, Theater und Schwimmen.

Wie bist du damals zu Pass.Worte. gekommen?

Ich bin erst später zu Pass.Worte. gekommen. Ihr habt mich 2016 gefragt und seit 2017 spiele ich mit.

Warum hast du mitgemacht und machst immer noch mit?

Als ihr mir erzählt habt, was Pass.Worte. ist, habe ich das Buch einmal durchgelesen. Danach hatte ich ein bisschen Angst. Ich hatte Angst davor, dass bei mir was passiert, wenn ich das lese. Aber dann habe ich mir überlegt, nein Qais, gib dein Bestes dann wird alles gut. Pass.Worte. hat mir sehr geholfen. Davor war ich fast eineinhalb Jahre beim Psychotherapeuten. Am Anfang von 2016 war ich fast tot. Ich konnte nicht mit Menschen reden. Ich wollte einfach nur in einer Ecke allein sitzen. Pass.Worte. hat mir da geholfen.

Was hat sich in den letzten zweieinhalb Jahren Pass.Worte. verändert?

Ich bin jetzt dabei, das hat sich auf jeden Fall verändert. Ich habe Pass.Worte. verändert... Ansonsten weiß ich das nicht.

Welche Gemeinsamkeiten gibt es zwischen dir und Belal?

Die Geschichte von Belal und meine sind ein bisschen ähnlich. Ich bin nicht allein hierher gekommen sondern mit meinen zwei Cousins. Alleine wäre ich nicht hier angekommen. Am Ende von meiner Flucht konnte ich gar nichts mehr. Aber die zwei haben sich um mich gekümmert und deswegen bin ich heute hier.
Außerdem waren die Passworte auf meiner Flucht sehr ähnlich wie bei Belal. Bei mir haben die Schlepper auch Passworte wie „Tee“ oder „Regen“ gerufen.

Denkst du während du spielst an deine eigene Flucht?

Ja, manchmal schon. Das ist ein bisschen anstrengend. Wenn ich spiele, denke ich, ich bin in Afghanistan. Ich denke nicht, dass ich auf der Bühne bin, sondern das ich in der Situation bin, die ich erzähle.

Worin siehst du deine Aufgabe, wenn du Pass.Worte. spielst?

Meine Aufgabe ist, wie ein Schauspieler auf der Bühne zu sein und die Geschichte zu erzählen. Ich spiele das gerne. Ich erzähle meine Vergangenheit. Mir hilft es darüber zu reden.

Die Zuschauer können am Ende Fragen stellen. Was waren die Fragen, die dir bis heute in Erinnerung geblieben sind?

Die Fragen sind oft: Wo sind deine Eltern? Leben deine Eltern noch dort? Aber ich konnte diese Fragen nicht beantworten. Mir fällt es schwer darüber zu reden. Als ich damals mit meinen Eltern zusammen war, waren wir sehr glücklich. Es ist schwer für mich darüber zu sprechen, weil sie nicht mehr am Leben sind.

Gibt es eine besondere Erinnerung die du mit Pass.Worte. verbindest?

Es gibt eine besondere Stelle im Text. Belal erzählt von seinem kleinen Bruder. Da muss ich immer an meinen Bruder denken.

Vor wem würdest du gerne einmal Pass.Worte. spielen?

Vor meinen Eltern, aber die leben nicht mehr. Außerdem vor meinen zwei besten Freunden hier in Deutschland.

Gibt es noch irgendwas, was du gerne den Menschen die das lesen sagen würdest?

Ich möchte gerne in Deutschland bleiben. Ich möchte mir hier eine Zukunft aufbauen, eine Familie gründen, eine typisch deutsche Familie, eine Ausbildung machen und vielleicht ein kleines Haus haben.


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